Ein Zeitreise-Bericht der Klasse 10b des BIP Kreativitätsgymnasiums Leipzig vom 16. bis 17. Dezember 2021
Wir schreiben das Jahr 2040
Es regiert ein Bündnis aus verschiedenen Parteien mit dem Namen „Politik der Mitte“ (PdM). Dieses vertritt, wie einst die SPD, CDU oder FDP, die gemäßigten Vorstellungen einer Bevölkerungsmehrheit und insbesondere eines breiten und zufriedenen Mittelstandes. Die große Akzeptanz der Politik bei den Wählern gründet unter anderem in der Einführung von Volksabstimmungen zu wichtigen, den Alltag der Menschen berührenden Fragen. Das PdM-Bündnis nutzt moderne Kommunikationstechnologien wie Virtual Reality und Metaverse (MV-App) sowie Social Media Livestreams für den Kontakt zur Bevölkerung. Bei Fragen und Anregungen können sich die Bürger mit einer KI verbinden, welche das Programm und die Werte der PdM widerspiegelt.
Entsprechend der allgemeinen Zufriedenheit sind Demonstrationen eine Seltenheit. Es existieren lediglich sehr kleine und wenn, dann extreme Randgruppen, die gänzlich andere Werte, ja ein anderes Weltbild vertreten. Vielleicht ist das eine Folge der Effektivität und Attraktivität virtueller Realitäten, die durch die neuen Technologien erreicht wird.
Ein wichtiger Grund für den Wohlstand der Bevölkerungsmehrheit ist die Überwindung von Organisationen wie der EU und NATO durch ein weltweites Handels-, Investitions- und zunehmend auch Sicherheitsabkommen, welches sich zu einer Weltunion (WU) weiterentwickelt. Dieses Abkommen fördert technische Innovationen und den Abbau der Bürokratie zugunsten einer länderübergreifenden Marktwirtschaft, ohne die Autonomie der Staaten aufzugeben.So können sich nationale Konzerne wie Tesla (als Marktführer für E-Mobilität und autonomes Fahren) und viele andere weltweit niederlassen und Arbeitsplätze schaffen.
Die Zufriedenheit des großen Mittelstandes wird zudem durch öffentliche Güter und Dienstleistungen sichergestellt. So besteht das kostenlose Angebot von öffentlichen Verkehrsmitteln wie Flugtaxis (für kurze bis mittlere Strecken) und Hyperloops (für lange oder hochfrequentierte Strecken). Lediglich für private, autonom fahrende E-Autos sind die Kosten selbst zu tragen. Diese Politik folgt ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten. Nicht zuletzt werden die Bürger auch noch durch ein bedingungsloses Grundeinkommen unterstützt. Folglich gehen viele Menschen keiner und nur einer Teilzeitarbeit nach.
Ein sehr wichtiger Punkt in der geschilderten „Welt der Technik“ ist der Datenschutz und die Privatsphäre. Dies gelingt durch starke Verschlüsselungen (Kryptografie) in Verbindung mit Blockchains, welche z.B. in Kryptowährungen wie Bit- oder Eurocoin angewendet Institutionen wie etwa die Europäische Zentralbank oder Aufsichtsräte und Mittelsmänner überflüssig machen. Solche Blockchains funktionieren über Public Adresses (für alle zugänglich) und Privat Keys (nur für eine Person zugänglich) sowie durch Nodes (Internet-Knoten) und Mining (den Einsatz von Rechenleistung im Netzwerk). Diese Mechanismen bedeuten neue Verdienstmöglichkeiten für Privatpersonen, jedoch auch eine Dezentralisierung und gewissermaßen Demokratisierung in vielen weiteren gesellschaftlichen Bereichen wie z.B. den Smart Contracts. Bei diesen handelt es sich um digitale Verträge, welche mehr Daten- und Rechtssicherheit bei weniger Aufwand und Kosten als traditionelle Verträge versprechen.
Nicht zu vergessen ist als eine der größten Herausforderungen der Klimawandel, dem man durch den massiven Ausbau von Gründächern und Fotovoltaikanlagen auf sämtlichen Gebäuden sowie durch Kernfusionskraftwerke Herr werden konnte. Dadurch besteht insgesamt ein Zugang zu klimafreundlicher Energie, ohne sich als Privatverbraucher einschränken oder ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.
Eine Szene, die sich im Jahre 2040 zugetragen hat…
1. Akt: Im Metaverse
Die beiden Schulkameraden Hendrik und Alan, die inzwischen studiert haben, treffen sich zufällig in der Leipziger Altstadt.
Hendrik: Hi, Alan, was machst du denn hier? Ich hab dich ja ewig nicht gesehen!
Alan: Ja, ich hab seit ’ner Weile ’nen Job bei Tesla, draußen in Schönefeld, ganz nah bei unserer ehemaligen Schule. Ich verdien da ziemlich gut. Und du?
Hendrik: Metageil, genau da fang ich auch an! Schon morgen! Erst gestern war das Job Interview über Metaverse. Nun muss ich noch schauen, ob ich in der Nähe der Fabrik ’ne Bude finde.
Alan: Ich wohn schon da, in der Bautzner Straße. Hier (es piept auf Hendriks Metaphone), check mal diesen Wohnungsmakler!
Hendrik: Meta, mach ich!
Alan: Na dann lass mal in der Tesla-Cafeteria was zusammen trinken! Oder komm bei mir vorbei, ich arbeite die Hälfte der Woche von zu Hause.
Hendrik: Ja, lass uns bald mal noden! Ciao!
Alan: Bye!
Hendrik sucht sich einen stillen Platz im Johannapark, um über die Metaverse-App und eine VR-Brille den empfohlenen Immobilienmakler zu kontaktieren.
Hendrik: Guten Tag!
Makler: Guten Tag! Was suchen Sie?
Hendrik: Ich habe gestern einen Job bei Tesla gefunden und brauche jetzt eine Wohnung in der Nähe der Tesla-Fabrik.
Der Makler ist ein künstlich-intelligenter Avatar, von dem sich Hendrik durch verschiedene Wohnobjekte in Virtual Reality führen lässt.
Makler: Kommen Sie mit, ich zeige Ihnen die Optionen! Hier links sehen Sie eine Wohnung, die optimal für eine Person wäre.
Hendrik betritt die Wohnung und schaut sich zunächst im Bad und dann in der Wohnküche um, wo er sich am liebsten auf das täuschend echte Bett fallen lassen würde.
Hendrik: Nicht schlecht!
Makler: Wenn Sie etwas Größeres wollen, können Sie auch diese 3-Zimmer-Wohnung hier rechts nehmen. Die hat zwei Schlafzimmer.
Hendrik runzelt die Stirn und wirft nur einen kurzen Blick in die Wohnung.
Makler: Und hier drüben sehen Sie noch ein Ein-Familien-Haus, was für Sie wahrscheinlich nicht so geeignet ist.
Hendrik: Stimmt! Ich würde gern die Ein-Zimmer-Wohnung nehmen!
Makler: Ok! Den Mietvertrag nach Smart Contract Standard 4.2 schicke ich Ihnen sofort auf Ihr Metaphone. Da können Sie alle Bedingungen prüfen, variieren und bestätigen. Und dann könnten Sie noch heute einziehen.
Hendrik: Danke, alles klar!
Hendrik beendet die Metaverse-Session und legt sich zufrieden ins Gras, um die Mittagssonne zu genießen.
2. Akt: In einer Gaststätte
Etwa zur selben Zeit hat sich Opa Alfons mit seinem Enkel Torell zum Mittagessen verabredet. Sie treffen sich vor seiner Stammkneipe, dem ehemaligen „Prellbock“, die jetzt „Clean Meal“ heißt.
Torell: Hallo Opa!
Opa Alfons: Hallo, mein Bengel!
Torell: Schön, dich mal wieder zu sehen! Ich freu mich.
Opa Alfons: Ganz meinerseits! Los, Junge, lass uns mal reingehen, es ist schon halb eins! Ich hab solchen Kohldampf und heut ist Schnitzeltag.
Torell: Opi, du weißt schon, dass es nur noch Clean Meat gibt?! Das sieht aus und schmeckt auch wie richtiges Fleisch, ist aber im Labor gezüchtet.
Opa Alfons (ein wenig das Gesicht verziehend): Ja, ich dachte erst, das ist Betrug, was die da machen. Und ehrlich gesagt, so richtig kann ich mich immer noch nicht an dieses Zeug gewöhnen.
Die beiden betreten die Gaststätte.
Torell (auf einen kleinen Tisch nahe dem Eingang deutend): Opi, lass uns gleich hier sitzen! Da musst du nicht so weit laufen.
Sie nehmen Platz und bestellen beide das Schnitzel mit Leipziger Allerlei sowie ein Bierchen dazu. Nach einer Viertelstunde steht alles auf dem Tisch.
Opa Alfons (seine Brille zurechtrückend): Und ist in dem Schnitzel echt kein richtiges Schwein drin?
Torell: Opa, da musst du dir keine Sorgen machen! Eine künstliche und vom Landwirtschaftsministerium zertifizierte Intelligenz scannt alles Fleisch, was in den Verkauf kommt.
Opa Alfons (etwas mürrisch): Na ja, das glaube ich dir jetzt mal.
Torell: Lass es dir schmecken, Opi!
Opa Alfons: Erst mal Prost!
Nach einer zweiten und dritten Bierrunde ist auch das wirklich große Schnitzel auf Opa Alfons Teller geschafft.
Torell (in Richtung der Kellnerin): Entschuldigung, die Rechnung bitte!
Opa Alfons: Du, warte, mein Junge! Ich mach das.
Die Kellnerin bringt die Rechnung auf ihrem Metaphone. Opa Alfons hat Mühe, den Betrag zu erkennen und kramt einen 50-Euro-Schein aus dem Portemonnaie.
Torell: Nein, Opa, du kannst nicht mehr mit Bargeld bezahlen!
Opa Alfons (hüstelnd): Ach ja, stimmt! Moment mal! Ach (weiter in seiner Geldbörse kramend), wo is sie denn, meine Kreditkarte?
Torell: Nein, Karte geht auch nicht! Man kann nur noch mit Eurocoins zahlen.
Opa Alfons: Äh, was?
Torell: Ich bezahle! Na (ein bisschen oberlehrerhaft) Eurocoins, damit ist die Überweisung viel schneller da, in Sekunden! Das funktioniert alles mit der Blockchain. Die Blockchain ist eine der besten Erfindungen, die es je gab. Die Geldbeträge sind verschlüsselt und keiner von außen weiß, wer was von wem bekommt. Das garantieren der Privat Key und die Public Adress. Ich richte dir das auch mal ein und dann kannst du beim nächsten Mal bezahlen.
Opa Alfons (skeptisch): Hmm, kann ich da nicht auf irgendwelche Trickbetrüger reinfallen?
Torell: Nee, Opa! Das ist alles sicher! Wie gesagt, nur du hast deinen eigenen Privat Key. Wenn du den jemandem gibst, dann hast du ein Problem. Wie wenn du mir dein ganzes Geld geben würdest, das ich dann auf den Kopf haue.
Opa Alfons: Aha? Das würde dir bestimmt gefallen, du Schlingel!
Torell: Also der Privat Key gehört nur dir. Aber damit du jemandem was schicken kannst und derjenige weiß, dass es von dir ist, gibt es die Public Adress. Und so kannst du zum Beispiel (überlegt kurz) jeden Monat ein Taschengeld an mich schicken.
Opa Alfons (rummosernd): Ihr mit eurem neumodischen Zeugs! Ich sag dir, die D-Mark, die war besser! Aber hier, mein Bengel (den 50-Euro-Schein über den Tisch schiebend), den haste dir verdient! Fürs Erklären!
Torell (seufzend): Danke, Opi! Lass uns mal los! Ich bin noch mit Michel zum Fußball verabredet.
Opa: Oh, zu welchem Spiel geht ihr denn? Zu Lok in die 1. oder RB in die 3. Liga?
Torell: Ach was, wir spielen selbst! Bei Union Berlin, in der B-Auswahl. Jeden Nachmittag ist Training.
Opa Alfons (im Gehen): Berlin, ist das nicht ’n bisschen weit? Und jeden Tag hin und zurück?
Torell: Nicht mit dem Hyperloop!
3. Akt: Im Hyperloop
Wenig später sitzt Torell mit seinem Kumpel Michel in einer Kapsel der Hyperloop-Strecke Leipzig–Berlin.
Torell: Hey, Michel, ich bin gespannt, wir der Trainer heute so drauf ist!
Michel: Und, machen wir nach dem Fußball wieder Berlin unsicher?
Torell: Nö, lass mal lieber den Abend in Leipzig abhängen! Haben wir lang nicht gemacht.
Michel: Übrigens, da fällt mir ein – Hendrik, die olle Socke, ist auch wieder zurück, vom Studium. Hat mir Alan gesteckt.
Torell: Meta! Ruf den gleich mal an, vielleicht kommt der ja mit uns mit.
Michel kontaktiert Hendrik über Metaverse.
Michel: Hey Hendrik, lang ist’s her! Kommst du heut Abend mit auf ’ne Sause?
Hendrik: Nee lass mal, Michel! Ich ziehe gerade um und morgen ist mein erster Arbeitstag bei Tesla.
Michel: Arbeit? Das verstehe ich nicht! Wir haben doch alle so ’n schönes bedingungsloses Grundeinkommen.
Torell: Oder warum lässt du nicht einfach das Geld für dich arbeiten, so wie ich? Als Miner in der Blockchain bekomm ich von jeder Transaktion ’nen Anteil.
Hendrik: Ja, aber ich spare gerade auf ein Elektro-Auto, deswegen muss ich mir noch ’n bisschen hinzuverdienen. Außerdem macht Tesla seinen Mitarbeitern attraktive Konditionen.
Michel: Aber du kommst doch fast überall mit Flugtaxis oder Hyperloops hin und das kostenlos, dank der Regierung!
Torell: Und selbst fahren kannste deine E-Karre auch nicht mehr!
Michel (Torell zuzwinkernd): Vielleicht will er ja ’nem Mädel imponieren?!
Torell (kichernd): Hört, hört!
Hendrik: Ach ihr! Wir sehen uns, vielleicht zu ’ner Metaverse-Live-Session!