Königin Elisabeth I.

Ein Zeitreise-Bericht der Klasse 10b des BIP Kreativitätsgymnasiums Leipzig vom 16. bis 17. Dezember 2021


Wir schreiben das Jahr 2040

Wir sind wohlbehalten in einem zukünftigen Deutschland gelandet. Zuerst schien uns alles vertraut, es gab kaum technische Neuerungen. Jedoch wurde uns nach kürzester Zeit klar, was geschehen sein musste. Wir befanden uns in einer heruntergekommenen Gegend, in welcher Polizisten patrouillierten. Ein älteres Ehepaar nahm sich unserer an, nachdem wir mit gespieltem Akzent erzählt hatten, dass wir aus dem Ausland seien, und klärte uns über seine Welt auf. Wir geben im Folgenden den Bericht des Ehepaars wieder. Wir gehen davon aus, dass er zu 100 % stimmt, zumal wir vieles selbst mit unseren eigenen Augen gesehen haben.

Unsere Corona-Situation der 20er Jahre ist total eskaliert, ohne dass die Scholz-Regierung der Lage Herr werden konnte. Es kam zu einem Putschversuch durch die unzufriedene, ja leidende Bevölkerung. Jedoch nutzen einige bislang unbekannte Politiker die Gunst der Stunde, griffen mit harten Ordnungsmaßnahmen ein und riefen, angeblich zum Schutze und Wohle des Volkes, eine Diktatur aus. Als deren Oberhaupt setzte sich eine gewisse Elisabeth Gerber (parteilos) durch, die fortan den Namen Königin Elisabeth I., Herrscherin über die Deutschen Lande Gerberias, führte.

Diese Königin hält sich, nach Abschaffung der Wahlen, seit nunmehr 16 Jahren an der Macht. Diese stützte sich zunächst auf wirkliche Erfolge zugunsten der Bevölkerung, vor allem im Kampf gegen Corona, und zwar durch strikte Kontaktbeschränkungen und einen Impfzwang. Jedoch ist umstritten, wie genau, ja ob die Königin überhaupt die Pandemie zumindest im eigenen Land besiegt hat. Man munkelt von wiederholten kleineren, jedoch nicht ungefährlichen Ausbrüchen der Krankheit, die jedoch medial verschwiegen oder als Influenza-Infekte heruntergespielt werden. Ferner hat sich die leichte Abschwächung der Hitzeperioden, welche die Königin ihrer Klimapolitik zuschreibt, als Folge der stagnierenden Wirtschaft entpuppt.

Wie man unschwer an der jetzigen Lage erkennen kann, hat die Königin sehr bald einen Kurs eingeschlagen, der den Großteil der Bevölkerung ins Unglück führte. Sie begann den Bundesschutz, eine Militärpolizei, die anfangs für die Durchsetzung der strengeren Corona-Gesetze gegründet wurde, gezielt gegen Demonstrationen unzufriedener, ja verzweifelter Bürger einzusetzen. Diese Polizei patrouilliert nun Tag und Nacht, um Systemkritikern zu begegnen, meist mit Gewalt und durch Festnahmen. Bei Verstößen gegen das Versammlungsverbot und andere Gesetze werden extrem hohe Geldstrafen verhängt, wobei die Einnahmen in die Staatskasse der Königin wandern.

Ihren Reichtum mehrt zudem eine perfide Sparpolitik, durch welche die Maßnahmen und Ausgaben für die allgemeine Infrastruktur und insbesondere für das Gesundheits- und Sozialwesen rigoros gekürzt wurden. Folge ist der soziale und finanzielle Abstieg von über 80 % der Bevölkerung, während die vermögendsten und mächtigsten Bürger von der Königin in den Adelsstand und wenige Auserwählte auch in ihren Hofstaat aufgenommen wurden.

Verwunderlich ist indes, dass die Herrscherin nicht nur unter dem kleinen, sich selbst feiernden Geldadel Ansehen genießt, sondern nach wie vor auch unter vielen verarmten und unterdrückten Bürgern, die wohl der beschönigenden Staatspropaganda oder der Schönheit der Königin selbst oder aber nur ihrer Angst vor der Macht und Strenge des Regimes erlegen sind.

Nun, wir hoffen, dass wir nach der Rückkehr in unsere Gegenwart diese unglückliche Zukunft verhindern können.



Eine Szene, die sich im Jahre 2040 zugetragen hat…

1. Akt: Im königlichen Schlafgemach

 Handelnde Personen:  

  • Königin Elisabeth I.  
  • Kammerdienerin  

Königin Elisabeth I., Herrscherin über die Deutschen Lande Gerberias, nimmt wie jeden Morgen ein üppiges Frühstück im Bett ihres Schlafgemachs zu sich. Die am engsten vertraute Kammerdienerin kommt, um das Frühstücksgedeck abzuräumen.

Kammerdienerin: Meine Königin, wie war das Frühstück?

Königin (gelangweilt): Danke, wie immer! (plötzlich wichtigtuend) Ich muss mich jetzt fertig machen und ich wünsche, dass du dich beeilst.

Kammerdienerin: Jawohl, meine Königin!

Die Kammerdienerin bringt das Frühstücksgedeck nach draußen und kommt mit dem Frisierzeug zurück. Die Königin sitzt bereits vor dem Spiegel.

Kammerdienerin: Hoheit, wünschen Sie Ihr Buch?

Königin (genervt): Selbstverständlich, so wie jeden Morgen!

Die Dienerin reicht der Königin ihr Lieblings-E-Book, „Die Deutsche Geschichte in Jahrhunderten“, Bd. 21: „Von Merkel bis Königin Elisabeth I.“. Die Königin aktiviert die Vorlesefunktion ihres Tablets und lässt sich von der Dienerin frisieren.

Königin (über den Spiegel mit der Dienerin Blickkontakt haltend): Wie hat’s dir eigentlich vor der Corona-Lage gefallen?

Kammerdienerin (wie auswendig gelernt): Nicht so gut, Eure Hoheit!

Königin: Und wie gefällt’s dir jetzt?

Kammerdienerin: Viel besser!

Königin (zufrieden seufzend): Weil ich eben da bin! Ich hab sowieso alle gerettet. Merkel hat’s nicht hinbekommen, Scholz hat’s nicht hinbekommen, niemand hat’s hinbekommen. Außer mir natürlich! Sieht man ja, schließlich gibt’s Corona nicht mehr. Na ja, kleine Ausbrüche schon, aber das hat niemanden zu interessieren!

Kammerdienerin: Ja, meine Königin!

Königin: Ich bin schon gut! Ich mein, ich hab ja alle gerettet. (sich nach der Dienerin umdrehend) Bist du dir dessen überhaupt bewusst?

Kammerdienerin (gezwungen lächelnd): Ja, meine Königin!

Königin (streng): Das ist auch besser so! Ich (an ihrem frisch gekämmten Pony zupfend) überleg gerade, sind deine Eltern nicht auch gestorben?

Kammerdienerin: Ja leider!

Königin: An Corona?

Kammerdienerin (mit schwerem Herzen): Ja, meine Königin!

Königin (wie abwesend): Aha! Also doppelt gut, dass ich da war! Ich hab dich vor dem Virus gerettet und dir eine Stelle vermacht.

Kammerdienerin: Tausend Dank, meine Königin!

Königin: Bist du jetzt endlich fertig?

Kammerdienerin: Ja, meine Königin!

Königin (sich im Spiegel prüfend und dann erhebend): Nun, danke! Ich sehe ja immer gut aus, aber für mein Treffen gleich ist es besonders wichtig. Hopp, hopp (die Dienerin wegwinkend), du kannst gehen!

Die Kammerdienerin verlässt mit einem Knicks das Gemach. Die Königin hört gut gelaunt den Flow ihres royalen Spotify-Accounts vom Tablet, während sie auf die Ankleidedamen der Young Fashion Group wartet.


2. Akt: Im Armenviertel

 Handelnde Personen:  

  • Johanna – Mutter  
  • Maria – Tochter  

In einer kleinen Wohnung des Armenviertels wohnt Johanna, alleinerziehende Mutter von drei Kindern. Die Tochter, die normalerweise in die 7. Klasse geht, liegt krank im Bett.

Tochter (die Mutter im Nebenzimmer rufend): Mama, mir geht’s gar nicht gut! (Die Mutter kommt ans Bett.) Ich kann so schwer atmen, mir schmeckt nicht mal der süße Tee mit Honig und ich glaub, ich hab Fieber. Können wir bitte zum Arzt gehen?

Mutter (herzlich): Komm mal her!

Sie umarmt die Tochter.

Tochter (sich loswindend): Können wir bitte zum Arzt gehen?

Mutter (besorgt): Du scheinst einen grippalen Infekt zu haben. Aber du weißt, dass wir nicht zum Arzt gehen können!

Tochter: Warum können wir nicht zum Arzt gehen? Mir geht’s nicht gut!

Mutter: Wir waren diese Woche schon zweimal. Deine Brüder waren auch schon krank und du weißt, mehr als zweimal dürfen wir in einer Woche nicht zum Arzt gehen.

Tochter (missmutig): Wer sagt das?

Mutter: Das sagt unsere Königin. Du weißt doch, die, welche uns von Corona befreit hat.

Tochter (jammernd): Wir haben auch nichts zu essen. Ich hab Hunger, mir geht’s nicht gut!!!

Mutter (ruhig und bestimmt): Die Königin wird schon wissen, was für uns das Beste ist. Sie hat uns damals in der Corona-Pandemie gerettet. Warum also sollte sie uns jetzt bei unseren Problemen im Stich lassen?

Tochter (wütend): Sie hat uns gerettet? Wir haben nichts zu essen und können nicht zum Arzt!

Mutter (seufzend): Ich kann auch nichts dagegen machen, außer mich ihrem guten Willen zu beugen. Komm, ich hol dir jetzt ein nasses Handtuch und damit versuchen wir das Fieber zu senken!

Tochter (erschöpft): Ok, danke!


3. Akt: Im Royalen Viertel

 Handelnde Personen:

  • Die Freundinnen  
    Teresia und Felina 

Teresia und Felina, zwei Freundinnen aus dem neuen Geldadel, chillen (mit den Füßen auf dem Tisch) in einem Café bei Torte und Sekt.

Teresia: Schön, dass wir uns endlich mal wieder treffen!

Felina: Ja, find ich auch! Hey, ich war gestern zum ersten Mal in diesem Armenviertel oder wie man das nennt. Da wurde mir ganz anders. Gruselig!

Teresia: Krass!

Felina: Kannste dir das vorstellen, nur zweimal pro Woche zum Arzt gehen zu können?!

Teresia (gähnend): Boah, ich würde sterben!

Felina (grinsend): Wortwörtlich!

Teresia: Aber warum bist du überhaupt dorthin?

Felina: Ja ich wundere mich auch. Irgendjemand hatte mir von so einen stylischen Laden erzählt, der dort sein soll. Ich bin dann aber besser gleich wieder umgekehrt. Es ist so schrecklich dort! Vertrau mir, du willst da nicht hingehen. Kein Vergleich zu unserem schönen Viertel, mit dem vielen Grün und dem technischen Komfort!

Teresia (verächtlich): Natürlich ist es hier viel besser als in diesem Drecksviertel zu leben! Mich ekelt’s, wenn ich nur dran denke.

Felina: Ich bin so froh, hier in unsre Welt geboren zu sein. Stell dir vor, du müsstest (kichernd) arbeiten!

Teresia: Ha, du hättest nicht mal den Hauch einer Chance aufzusteigen. Na ja, aber was kümmert uns das?

Felina: Stimmt! – Wie war denn eigentlich dein Auftritt am Freitag vor den Mädels aus dieser Fashion Group? Es heißt doch, dass auch die Königin die neuesten Trends dieser Influencerinnen verfolgt.

Teresia: Den Mädels hat’s gut gefallen. Ich muss sagen (an ihrer goldenen Halskette spielend), ich fand mich auch sehr gut!

Beide lachen.

Teresia: Und darauf noch einen Schluck!

Sie trinkt allein ihr Sektglas aus.

Felina: Dir sei’s vergönnt!

Teresia: Aber weißt du, was unsere Königin angeht, die ist ja auch nicht mehr die Jü… Ach, vergiss es!

Felina (mit Eifer): Nein, unsere Königin sieht einfach nur toll aus und sie macht alles richtig! Uns geht’s doch gut, dank ihr!

Teresia: Ja natürlich! Wir sollten nicht an ihr zweifeln.

Felina: Niemals!

Teresia: Nie.

Felina: Nein!

Teresia: Nein.

Felina: Lass uns noch eine Runde bestellen – auf die Königin!