Ein Zeitreise-Bericht der Klasse 10a des BIP Kreativitätsgymnasiums Leipzig vom 14. bis 15. Dezember 2021
Wir schreiben das Jahr 2040
Es regiert die Partei „Sozial und Sicher“ (SuS), mit der Bundespräsidentin Candice Sigma und dem Kanzler Joe Mama (beide SuS) an der Spitze. Die Partei wurde bereits zum dritten Mal von der Bevölkerungsmehrheit an die Regierung gewählt und wird für ihre vielen erfolgreichen Projekte geschätzt. Grund für die Zufriedenheit ist unter anderem der Einsatz der Partei und Regierung für einen intensiven Bürgerkontakt der Politiker. Wesentlich hierfür sind die seit über zehn Jahren in jeder Stadt und Gemeinde des Landes existierenden V-World-Center. In diesen kann man in virtuell-reelle Welten eintauchen, um z.B. entfernte Orte zu bereisen oder Freunde zu treffen. Ein zentraler Nutzen dieses System sind jedoch die Bürgertreffen mit Politikern. Auch prominente, sonst schwer zu erreichende Amtsträger verbinden sich so mit interessierten Bürgern, um deren Fragen und Ideen aufzunehmen und ihnen manch alltagsrelevante Entscheidung per Abstimmung zu überlassen.
Außerdem ist das soziale Miteinander sehr ausgeprägt, da die Einkommensspanne gering, das Einkommensniveau generell aber ziemlich hoch ist. Dies regelt ein Gesetz der SuS über Einkommensgrenzen. 3.000 EUR sind die Unter-, 6.000 EUR die Obergrenze. Entsprechend dieser Spanne zahlen die Bürger etwas mehr oder weniger Steuern. Private und wirtschaftliche Transaktionen finden nur noch digital und vermehrt über Kryptowährungen statt.
Der Schulunterricht erfolgt ausschließlich zu Hause, wobei die Lehrer als Hologramm zeitgleich bei allen Schülern und jeweils nur bei einem Schüler erscheinen können. Dieser Stellenwert des Homeschooling ist nicht nur eine Folge der Corona-Krise in den 20er Jahren, sondern auch die Einsicht in die grundsätzliche Flexibilität und Effektivität der Technik. Unter den technischen Erfindungen sind längst Roboter-Operateure und 3-D-Drucker für die Herstellung von Organen Realität. Dank dieser Neuerungen hat sich das Gesundheitssystem drastisch verbessert. Und es ist, dank einer Bürgerversicherung, für alle gleichermaßen und ohne Zuzahlungen zugänglich. Weiter konnte durch fliegende Autos die lokale und durch Hyperloops die globale Mobilität an Qualität gewinnen. Aktuelle Forschungsfelder sind das Perpetuum Mobile, welches als unendlicher Stromgenerator fungiert, sowie die Erweiterung der VR-Technik zu Full Dive VR, welches eine Steuerung von elektronischen Geräten durch Hirnsignale und umgekehrt die Steuerung der Sinne durch Geräte erlaubt.
Eine Szene, die sich im Jahre 2040 zugetragen hat…
1. Akt: In einem V-World-Center
Ein junger Mann, Vater eines Grundschulkindes, geht in das örtliche V-World-Center, um an einer virtuell-reellen Bürgerversammlung teilzunehmen. Diese wurde initiiert von der Bundespräsidentin Candice Sigma, die Schirmherrin der Aktion „Good Fastfood“ ist und sich für gesundes Essen während des Homeschoolings einsetzt.
Junger Mann (an der Rezeption des V-World-Centers): Hallo, ich wollte fragen, ob Sie noch einen Raum freihaben für die Bürgerversammlung von Candice Sigma?
Center-Mitarbeiter: Guten Tag! Klar, Raum 3 sollte frei sein. Hier ist Ihre Brille!
Der Mitarbeiter übergibt dem jungen Mann eine VR-Brille und will deren Funktionsweise demonstrieren.
Junger Mann: Nicht nötig, das kann ich alleine! Ich mach so was ja schon ganz lange, seit über zehn Jahren.
Der Mann betritt den zugewiesenen leeren Raum, in dem nichts weiter als eine bequemer Sessel steht, an dessen Armlehnen sich Halter mit Snacks und Getränken befinden. Er setzt sich auf den Sessel und die VR-Brille auf und schaut sich nach allen Seiten um. Unzählige andere Versammlungsteilnehmer sitzen auf den Rängen eines riesigen Saals, in dessen Mitte eine kleines Podium mit einem Sessel steht. Das Gemurmel der „Anwesenden“ und andere Geräusche dringen aus den in Wände, Decke und Boden des kleinen VR-Raumes eingelassenen Mikrolautsprechern mit dem Standard Dolby Digital Advanced. Als auf dem Podium Candice Sigma, die Bundespräsidentin, Platz nimmt, beginnt die Menge zu klatschen.
Candice Sigma (sich locker und bürgernah gebend): Hallo alle zusammen! Ich bin Candice. Herzlich willkommen zu unserer Bürgerversammlung! Wie ich sehe, seid ihr zahlreich erschienen. Wir stimmen heute über ein wichtiges Thema ab. Und zwar geht es um unsere Kinder, genauer um das Angebot von Mittagessen während des Homeschoolings. Da die Schüler landesweit nur noch zu Hause beschult werden und die Eltern oft außer Haus ihrer Arbeit nachgehen, könnte die Lieferung eines solchen Essen an die Adressen der Schüler eine Versorgungslücke schließen. Dafür wurde von führenden Ernährungswissenschaftlern eigens das sogenannte „Good Fastfood“ entwickelt, das, wie der Name schon sagt, gesund und dabei schnell herzustellen ist. – Doch bevor wir über die Einführung von „Good Fastfood“ abstimmen, möchte ich euch die Gelegenheit für Fragen zu diesem Essen geben. Bitte traut euch! (Es meldet sich der junge Mann.) Ja bitte da hinten!
Junger Mann: Ist dieses Essen vegetarisch und glutenfrei?
Candice Sigma: Nun, dem Geschmack der Kinder entsprechend sind die Burger mit Double Beef und Triple Cheese, also nicht vegan oder vegetarisch. Aber das Anliegen nehme ich gerne auf und wir werden später bestimmt auch noch eine vegetarische Alternative anbieten. – So, ihr könnt nun abstimmen für oder gegen die Einführung von „Good Fastfood“ im Homeschooling.
Vor den Sesseln der Versammelten erscheint ein kleines Pult mit zwei Schaltflächen, eine grüne beschriftet mit „Dafür“, die andere, rote mit „Dagegen“. Wie alle so trifft auch der junge Mann seine Auswahl. Die Bundespräsidentin erhält umgehend auf einem eigenen Pult das Abstimmungsergebnis.
Candice Sigma: Ok, ich sehe, dass mit 20.000 von insgesamt 30.000 Stimmen die Mehrheit für die Einführung von „Good Fastfood“ ist. Mein Team und ich, wir werden uns darum kümmern, dass das Essen schnellstmöglich, das heißt noch im laufenden Schuljahr ausgeliefert wird. Auf der nächsten VR-Versammlung sind wir dann gespannt auf euer Feedback und natürlich das der Kinder und nehmen gern noch Verbesserungsvorschläge an. Danke für euer Engagement und einen schönen Tag noch!
Die Mehrheit applaudiert. Manche Bürger haben noch Diskussionsbedarf und suchen in privaten VR-Räumen das Gespräch miteinander, auch mit der Bundespräsidentin.
2. Akt: Im Krankenhaus
Ein älterer Patient betritt aufgeregt das Behandlungszimmer einer herzchirurgischen Klinik.
Patient: Äh, guten Tag Herr, äh nein, Frau Doktor! Ich habe hier eine Überweisung (zeigt ein Smartphone-ähnliches Gerät vor) von meinem Hausarzt, der mich heute Morgen einem Herz-Screening unterzogen hat. Ich wollte fragen, ob wir kurzfristig die verordnete Herztransplantation durchführen können.
Chefärztin: Ja, können wir gerne machen! Bei uns sind alle Operationsvorgänge automatisiert, unter Einsatz modernster Technologie. Und Ihre Bürgerversicherung zahlt den Eingriff.
Assistenzarzt (arbeitseifrig): Legen Sie sich einfach hierhin! Ich werd Ihnen eine E-Injektion verabreichen und dann schlafen Sie sofort ein. Sie werden nicht das Geringste von der OP mitbekommen, doch jeder unserer Schritte wird per Video dokumentiert.
Chefärztin (den Arm des Patienten streichelnd): Und machen Sie sich keine Sorgen! Fehler fehlen bei diesem Verfahren.
Der Assistenzarzt narkotisiert den Patienten über die Schläfe mit einem kleinen Gerät, das aussieht wie eine E-Zigarette. Der Patient fällt augenblicklich in den Schlaf.
Chefärztin: Das Laserskalpell bitte!
Der Assistenzarzt aktiviert einen Roboterarm, der mit einem Skalpell den Brustkorb des Patienten bei einer sehr geringen Blutneigung öffnet.
Chefärztin: Ist das neue Herz schon gedruckt?
Assistenzarzt: Ja, das ist schon fertig! Ich hole es.
Der Assistenzarzt bringt das neue Organ, das entsprechend der Parameter des alten in einem 3-D-Drucker hergestellt wurde.
Chefärztin: So, hier! Sie nehmen das alte und geben mir das neue Herz!
Der Austausch geschieht so schnell (wenn auch noch mit der fühlenden menschlichen Hand), dass der Patient nur wenige Sekunden ohne Herz bleibt.
Chefärztin: Nähen bitte!
Der Assistenzarzt aktiviert erneut den Roboterarm, der nun ein elektrisches Nähgerät die klaffende Wunde entlangzieht, um sie durch einen transparenten Faden zu verschließen und mit einer grünlichen Flüssigkeit zu benetzen.
Chefärztin: Aufwecken bitte!
Der Assistenzarzt setzt erneut den E-Injektor an die Schläfe des Operierten, woraufhin dieser aufwacht.
Patient (orientierungslos): Äh!? Ist die Operation reibungslos verlaufen?
Chefärztin (dem Patienten auf die Schulter klopfend): Ja, die Operation verlief wie immer ohne Komplikationen. Sie werden auch keine Folgen des Eingriffs merken, außer dass ihr neues Herz schlägt wie in jungen Jahren und so, als hätten Sie nie ein anderes besessen. Und die Narbe wird schon in wenigen Tagen gänzlich verschwunden sein.
Patient (strahlend): Herz-lichsten Dank, Frau und Herr Doktor!
Dir drei beginnen herzhaft zu lachen. Der Patient hat dabei keinerlei Schmerzen in der Brust.
3. Akt: Beim Homeschooling
Ein Gymnasiast wird zu Hause unterrichtet. Er arbeitet auf seinem Tablet an einer technischen Zeichnung für ein fliegendes Auto. Der Mathematiklehrer erscheint plötzlich als Hologramm im Zimmer des Schülers.
Lehrer: Versuche das Geodreieck-Tool zu benutzen, um die Tragflächen sauber und genau zu zeichnen!
Der Schüler aktiviert versehentlich ein Video eines sehr erfolgreichen WeTubers, der Witze über das neue „Good Fastfood“ reißt.
Lehrer (streng): Was ist das, Apo? Passt du etwa nicht im Unterricht auf?
Schüler: Äh nee, Entschuldigung! Das kam über die Schoolfood-App rein.
Lehrer: Ja ja! Seit wir hier im Homeschooling sind, passt ihr gar nicht mehr richtig auf. Aber zum Glück kann ich mich dank der Hologrammtechnik jederzeit und bei jedem Schüler blicken lassen. – Apo, das gibt eine Strafhausaufgabe. Ich möchte deinen Auto-Entwurf bis morgen in 3D haben. Und keine Spielereien mehr!
Das Lehrerhologramm erlischt und erscheint bei einer Mitschülerin, die sich gerade, ungeachtet der Zeichenaufgabe, über ihren soeben gelieferten „Good Fastfood“-Burger hermacht und ihr Tablet mit Ketchup und Mayonnaise vollkleckert.