Die Über-Erde

Ein Zeitreise-Bericht der Klasse 10a des BIP Kreativitätsgymnasiums Leipzig vom 21. bis 22. Juli 2021


Wir schreiben das Jahr 2040

Es war eine Sensation, ein Schock für die gesamte Menschheit: Wissenschaftler haben in nächster Nähe im Weltall einen erdähnlichen Planeten entdeckt! Er wurde die „Über-Erde“ genannt. Auf dieser bin ich mit meiner Zeitmaschine gelandet.

Die Über-Erde ist das reinste Paradies. Alle hier sind wohlhabend und gutaussehend. Für Kinder gibt es sehr individuelle Bildung. Außerdem Eisläden mit Sorten, von denen ich noch nie gehört habe!

Die Erwachsenen haben hochmoderne Arbeitsplätze, vor allem in Forschungszentren. Ältere Menschen, die so etwa 150 bis 170 Jahre alt sind, wohnen in herrlichen Seniorenparks. Die meisten von ihnen haben mehrere künstliche Organe.

Es regiert eine kleine Gruppe von Unternehmen. Damit scheint es allen gut zu gehen. Als man mir bei einem Glas Sekt dann erklärte, die Erde sei auch noch bewohnt, sprach man mit Verachtung über die dort Lebenden. Das seien wohl wesentlich ärmere Menschen, die jeden Tag mit einer kranken Umwelt zu kämpfen haben.

Hier auf der Über-Erde will man nicht, dass die unzufriedenen Erdlinge auftauchen. Es gibt jedoch auch Stimmen, die fordern, man müsse ein paar Erdenbürger auf die Über-Erde umsiedeln. Der Grund dafür: Viele Über-Erden-Bürger sind sich zu fein für Arbeiten in der Landwirtschaft, Kinderbetreuung oder als Reinigungskraft. Bei der Besiedlung der Über-Erde war man noch der Meinung, dass Roboter und andere Künstliche Intelligenzen solche Arbeiten übernehmen können, aber da hat man sich wohl vertan.



Eine Szene, die sich im Jahre 2040 zugetragen hat…

1. Akt: Auf der Erde, bei der Nachbarin

 Handelnde Personen:

  • Dora und Emma – Ehepaar  
  • Klara – Nachbarin  

Dora und Emma klingeln bei ihrer Nachbarin Klara. Diese öffnet die Tür.

Dora (erfreut): Hey Klara, hast du schon gehört? Wir können endlich auf die Über-Erde übersiedeln. Wir haben endlich das Geld zusammen und alle Formulare fertig.

Klara schaut mit großen Augen, sagt aber nichts. Sie sieht nicht sehr glücklich aus.

Emma: Das war aber auch ein Hin und Her mit den Behörden. Du weißt ja, wie das läuft bei unserer Anarchie … Nirgendwo Ordnung.

Dora: Verwaltungstechnisch läuft ja wirklich wenig.

Emma: Es hat ewig gedauert, aber endlich haben wir es geschafft. Es soll ja so viel schöner sein auf der Über-Erde.

Dora: Wir haben endlich die Aussicht auf ein gutes Leben: Ohne Smog, ohne Naturkatastrophen. Sicherheit im Alltag.

Emma (verträumt): Es soll auch so gute Ärzte geben. Ach, einfach alles ist dort besser.

Dora: Ach ja, meine Frau hat hier ja schon länger Probleme mit der Gesundheit. Bei diesem Wetter ist das ja kein Wunder. Wir hoffen, dass sie dort endlich einmal angemessene ärztliche Versorgung erhält.

Klara (langsam): Das ist echt schön für euch.

Emma: Weißt du, wir haben uns gedacht, wir sind doch schon ewig befreundet. Und du bist immer so eine super Nachbarin gewesen. Für unsere langjährige Freundschaft möchten wir dir unser Auto vermachen. (reicht Klara einen Schlüssel)

Klara (langsam, betont freundlich): Das ist echt freundlich von euch.

Dora: Ja, das ist unser kleines Abschiedsgeschenk an dich. Es ist zwar nicht mehr das neueste, aber wir haben so viele schöne Erinnerungen daran. Jetzt ist es deins.

Emma: Wir versuchen, dir zu schreiben. Eine Weihnachtskarte bekommst du auf jeden Fall von uns.

Dora: Und eine Geburtstagskarte!

Emma: Na dann, viel Glück dir noch. Bis irgendwann mal. Tschü-hüss!

Dora und Emma tanzen davon.

Klara klopft bei ihrem Nachbarn Lasse. Der öffnet die Tür.

Klara: Ey Lasse, hast du gehört? Dora und Emma fliegen auf die Über-Erde. Und jetzt geben sie vorher nochmal damit an, wie toll es dort sei. Obwohl sie wissen, dass wir dort niemals hinkommen werden … Na danke. Und sie haben mir ihr Auto vermacht, als Abschiedsgeschenk! (schüttelt den Kopf und den Schlüssel)

Lasse: Diese Klapperkiste? (lacht auf)

Klara: Tja, auf jeden Fall sind wir die arroganten Schnösel jetzt los.

Klara und Lasse ärgern sich noch ein wenig über ihre Nachbarn.


2. Akt: Auf der Erde, beim Ticketschalter

 Handelnde Personen:  

  • Dora und Emma – Ausreisewillige  
  • Frau Forsch – Verkäuferin am Ticketschalter  

Dora und Emma treten an einen Ticketschalter. Die Verkäuferin würdigt sie keines Blickes. Dora spricht sie an.

Dora: Guten Tag, wir sind Familie Stachelfisch. Wir möchten auf die Über-Erde übersiedeln.

Frau Forsch (blickt sie immer noch nicht an, sagt unfreundlich): Hallo. Haben Sie die Formulare?

Emma: Ja, hier. (reicht einen dicken Packen Papier über den Schalter.)

Frau Forsch fängt an zu blättern.

Dora (zu Emma): Ob das klappt?

Emma: Ich hoffe so sehr. Ich will nicht zurück auf die Erde.

Plötzlich lächelt Frau Forsch Dora und Emma breit an.

Frau Forsch (laut und freundlich): Ahhh. Das sieht doch gut aus. Herzlichen Glückwunsch, Familie Stachelfisch! Dann fangen wir gleich mal an. (deutet auf das Geld, das Dora in der Hand hält) Das können Sie mir gleich mal geben, das brauchen Sie auf der Über-Erde nicht. Wir haben natürlich eine andere Währung. Hier ist Ihr Startkapital.

Emma: Wow, danke! (nimmt freudig das Geld entgegen)

Frau Forsch deutet auf die Handys der beiden.

Frau Forsch: Die brauchen Sie auch nicht mehr. (nimmt ihnen die Handys ab) Hier, die sind mit Touchscreen, ist nicht so schwierig, das kriegen Sie schnell hin. (gibt ihnen zwei Smartphones)

Emma: Das ist ja genial, so tolle Technik!

Frau Forsch: Und damit man Sie auch als Bürgerinnen der Über-Erde erkennt, hier noch ein paar kleine Geschenke. Diamanten und Goldarmreifen.

Dora (begeistert): Wow, sind die echt? Unglaublich! Dankeschön!

Frau Forsch: So, jetzt aber los. Sagen Sie der Erde Adieu, Sie sind nun Bürgerinnen der Über-Erde. Sie müssen hier gleich den Gang runter und den Schildern folgen. Viel Spaß!

Dora und Emma gehen freudig davon. Sie haben es geschafft. Jetzt geht es auf die Über-Erde!


3. Akt: Auf der Über-Erde, am Ausgang des Ankunftsterminals

 Handelnde Personen:

  • Dora und Emma – Neuankömmlinge auf der Über-Erde  
  • Gustav – Unzufriedener Bürger der Über-Erde  

Dora und Emma kommen aus der Tür des Ankunftsterminals und schauen sich um.

Dora: Schau mal, die Luft ist ja gar nicht verpestet.

Beide atmen tief ein.

Emma (begeistert): Und die haben Hochhäuser hier. Und alles ist so grün! Wow!

An ihnen läuft ein aufgebrachter Mann vorbei, der lautstark telefoniert.

Gustav (laut): Sie können mir mit einem Abstieg drohen, wie Sie wollen, es bleibt dabei …

Gustav sieht Dora und Emma aus dem Ankunftsterminal kommen und legt auf.

Dora (schüchtern): Hallo! Guten Tag!

Gustav (schaut skeptisch): Hallo. Kenne ich euch?

Emma: Nein, nein, wir sind neu hier. Wir sind gerade erst angekommen.

Dora: Alles ist so toll hier, wir sind voll begeistert. Und Emma hier leidet ja unter einer Krankheit, die von den schlimmen Bedingungen auf der Erde ausgelöst wurde. Wir hoffen auf gute ärztliche Versorgung.

Gustav (ätzend): Ja, Ärzte gibt es hier. Ganz viele sogar. Zu viele fast. Die ganzen reichen Familien hier wollen natürlich, dass ihre Kinder etwas Ordentliches lernen. Also gibt es viele Ärzte, Anwälte und so. Aber es fehlen zum Beispiel Landwirte, Reinigungskräfte, Kindergärtner, Handwerker und so weiter. Alle sind sich hier zu fein dafür.

Emma: Also das ist doch ganz einfach! Unsere Nachbarin auf der Erde, Klara, die ist eine prima Handwerkerin. Die könnte doch zum Beispiel hier arbeiten.

Gustav: Gucken Sie sich doch mal dieses Paradies an. Niemand hier möchte solche „minderwertigen“ Arbeitskräfte von der Erde hier haben. Ich nehme an, Sie beide haben prestigeträchtigere Jobs?

Dora: Wir sind Psychologinnen.

Gustav: Na bitte. Also, niemand hier möchte die „niederen“ Arbeiten machen, aber es soll auch niemand kommen, um sie zu erledigen.

Emma (nachdenklich): Was kann man da denn machen?

Gustav: Ursprünglich war ja geplant, dass der technische Fortschritt dieses Problem lösen würde. Roboter, KI und so. Aber so weit sind wir wohl noch nicht.

Dora: Das klingt ja schlimm.

Gustav: Die Sache ist, alle hier wissen es, aber niemand will es wirklich wahrhaben und etwas deshalb unternehmen.

Dora: Aber ich dachte, die Firmenchefs lösen hier alle Probleme.

Gustav: Jaja, die „Regierung“! (spuckt aus) Aus Vertretern von Unternehmen. Die wissen zwar, was kurzfristig das Beste für ihre Unternehmen ist. Aber dass hier auf lange Sicht alles zusammenbrechen wird, weil einfach Arbeitskräfte fehlen, darum kümmert sich niemand.

Emma: Gibt es denn keinen alternativen Plan?

Gustav: Naja, so ganz unter uns … (beugt sich nah an Dora und Emma heran) Seit ein paar Jahren gibt es eine Gruppe von Unzufriedenen. Wir treffen uns ab und zu und suchen nach Lösungen. Wenn Sie wollen, können Sie gerne mal vorbeikommen.

Dora und Emma schauen sich an, dann nicken sie.

Dora: Wir sind dabei.

Gustav erklärt Dora und Emma, wo sie hinkommen müssen, dann trennen sich ihre Wege.