Zeitreise-Bericht einer 9. Klasse des Johann-Keppler-Gymnasiums vom 10. bis 11. Oktober 2019
Wir schreiben das Jahr 2040
Wir sind gerade mit einer Zeitreisemaschine gelandet, die wir in unserer Schule aufgestöbert und heimlich benutzt haben. Die Zukunft haben wir uns dann aber doch ganz anders vorgestellt! In dieser hier gibt es kein Arm und kein Reich mehr. Alle besitzen und verdienen mehr oder weniger das gleiche. Alle sind wohlhabend und wohnen in Luxusvillen.
Das klingt zwar erst einmal gut, aber der Schein trügt. Der gleich verteilte Wohlstand sorgt nur in der Theorie für allgemeine Zufriedenheit unter den Bürgern, in der Praxis ist das Gegenteil der Fall. Die Menschen hier sind aufgebracht, wütend, das gesellschaftliche Klima ist aufgeheizt, Neid und Hass sind alltäglich.
Die studierten Leute, z.B. Chirurgen, weigern sich, z.B. Putzfrauen – die ja schließlich nicht studiert haben – zu behandeln. Die Ärzte meinen, dass sie mehr verdienen sollten. Diese Unzufriedenheit lassen sie an den vermeintlich Geringqualifizierten aus. Ihnen geht es wie vielen anderen Hochspezialisierten und Ausgebildeten: Sie sehen nicht ein, dass sie dasselbe Einkommen haben, obwohl sie aus ihrer Sicht mehr leisten als andere und wichtigere Dinge tun müssen als z.B. eine Pflege- oder Reinigungskraft.
Beruflich geringer Qualifizierte wiederum beschweren sich darüber, dass ihre Tätigkeiten nicht als vollwertig angesehen werden. Fast allen fehlt es an Anerkennung. Die Menschen haben das Gefühl, dass die eigene Arbeitsleistung nicht ausreichend geschätzt wird. Die Politik will davon nichts hören. Hier ist man der Meinung, alles sei perfekt, wenn alle das gleiche „verdienen“.
Zwar hat sich die Technik sehr stark weiterentwickelt, es gibt sogar fliegende Autos! Aber wir möchten trotz des Reichtums wieder in das Jahr 2019 zurück. So viel Hass, wie in der „neuen Welt“ herrscht, ist nicht erträglich. Wir sehen, dass Geld und Reichtum die Menschen nicht automatisch glücklicher machen.
Eine Szene, die sich im Jahre 2040 zugetragen hat…
1. Akt: In der Schule
Die Schülerinnen kommen in einen Raum in der Schule und tuscheln aufgeregt.
Schülerin 1: Leise sein, leise sein!
Schülerin 2: Pssst!
Schülerin 3: Ich habe gehört, dass hier irgendwo eine Zeitmaschine sein muss.
Schülerin 4: Hier muss sie irgendwo sein.
Schülerin 5: Wir müssen sie unbedingt finden!
Schülerin 3: Ich habe sie!
Sie hebt ein kleines Gerät vom Boden auf und alle schauen es gebannt an.
Schülerin 2: Oh mein Gott!!
Schülerin 4: Random!
Schülerin 1: In welches Jahr wollen wir?
Schülerin 5: 2040.
Schülerin 3: Oh, ja, dann kann ich meine Kinder mal sehen!
Schülerin 2 (kreidebleich): Vielleicht bin ich ja da schon tot!
Die Schülerinnen tippen die Zahl 2040 ein und auf einmal geraten sie in einen mächtigen Strudel, der sie herumwirbelt und in eine unbekannte Zukunft hineinsaugt. Kurze Zeit später tauchen sie auf einer Straße auf.
Schülerin 3: Hier gibt es ja fliegende Ferraris!
Schülerin 2: Oh, mein Gott, seht Ihr das? Die kommt aus einem Gucci-Laden raus.
Schülerin 4: Das scheint ja eine Putzfrau zu sein. Aber was macht die bitte schön in einem Gucci-Laden?
Schülerin 1: Die sieht voll reich aus.
Schülerin 5: Wir müssen der Sache auf dem Grund gehen!
2. Akt: In einer Wohnung
Mike und Clara verabschieden sich.
Mike: Babe, schön war’s. Schade, dass Du schon los musst!
Clara: Bringst Du mich mit Deinem Ferrari nach Hause?
Mike: Hm, ich habe heute keine Zeit. Weißt Du was, ich kaufe Dir einfach einen eigenen Ferrari!
Clara: Wirklich?
Mike: Ja, klar, ich liebe Dich schließlich!
Er wischt auf seiner Uhr hin und her und nickt zufrieden Clara zu, die ihm ein Lächeln schenkt. Kurze Zeit später klingelt es und der neue Ferrari wartet auf Clara.
3. Akt: In der Arztpraxis
Zwei Reinigungskräfte, Olga und Helga, treten in das Patientenzimmer.
Dr. Schubert (mit einem verächtlichen Ton): Ja bitte, was kann ich für Sie tun?
Olga: Wir haben einen Arzttermin wegen unserer Krätze.
Dr. Schubert: Ihhh! (schiebt sie mit ausgestreckten Armen von sich weg) Fassen Sie mich bloß nicht an! Wie heißen Sie denn?
Olga: Olga und Helga.
Dr. Schubert: Ich behandele sie nicht.
Dr. Schubert (zu Schwester Astrid): Die behandeln wir nicht. (lacht) Und die verdienen genau das gleiche wie wir! Lächerlich.
Schwester Astrid: Ja, das sehe ich gar nicht ein. Das müssen wir uns nicht antun. (zu Olga und Helga) Gehen Sie!
Helga: Wie bitte (macht einen weiteren Schritt auf Frau Dr. Schubert zu)?
Dr. Schubert (schreit und fuchtelt herum): Stop! Nicht weiter! Bleiben Sie weg! Wir behandeln Sie nicht.
Olga (lautstark): Sie müssen uns aber behandeln!
Dr. Schubert: Pah! Nein, müssen wir nicht.
Helga: Das kann doch nicht sein. Dann nehmen wir uns einen Anwalt.
Dr. Schubert (zuckt mit den Schultern): Machen Sie doch! Tschau!
Helga (zu Olga): Mir reicht‘s jetzt endgültig! Wir gehen uns jetzt beschweren!
Die beiden verlassen den Raum und knallen die Tür zu. Frau Dr. Schubert und Schwester Astrid schauen einander schelmisch an.
4. Akt: Im Präsidentenpalast
Die Putzfrauen klopfen leise im Büro der Präsidentin an. Sie gehen herein.
Olga: Wir wollen uns beschweren.
Präsidentin (genervt): Das geht ja gar nicht. Sie klopfen noch nicht mal an und kommen hier einfach reingelaufen.
Helga (schaut Olga verwundert an): Wir haben doch geklopft!
Sekretärin: Pff. Ich glaube, es hakt!
Präsidentin (noch genervter): Was ist denn jetzt Ihr Anliegen?
Olga: Frau Dr. Schubert will uns nicht behandeln.
Präsidentin (betont gelangweilt): Na, was sollen wir denn jetzt machen?
Sekretärin: Das hatten wir doch vor 5 Minuten erst.
Helga: Na dann denken Sie doch mal darüber nach!
Präsidentin: Dann rufe ich die Ärztin mal an.
Die Sekretärin reicht der Präsidentin das Telefon. Sie wählt und wartet.
Dr. Schubert: Hallo?
Präsidentin: Kommen Sie mal bitte her.
Dr. Schubert: Ja, ich komme. In Ihr Büro? Ja, ich bin gleich zur Stelle. Wie immer!
Fliegt mit einem Hoverboard in Windeseile hin. Die Ärztin trifft ein, sieht die beiden Putzfrauen und schaut genervt.
Dr. Schubert: Ach, Sie schon wieder!
Helga (mit verschränkten Armen): Ja, wir schon wieder!
Dr. Schubert: Was machen denn die Krätze-Dinger in Ihrem Büro, Frau Präsidentin?
Präsidentin: Sie kennen sich?
Olga: Ja, es war sie, die uns nicht behandeln wollte.
Präsidentin (verwundert): Wirklich?
Dr. Schubert (räuspert sich): Ja, die verdienen doch fast genau das Gleiche wie wir Ärzte. Wir bemühen uns richtig und haben jahrelang studiert. Und die tun nichts anderes als … (verzieht den Mund) … putzen. Das ist doch unfair.
Präsidentin: Ihr könnt doch alle froh sein.
Sekretärin: Ihr verdient doch alle in etwa das Gleiche, Ihr könnt wirklich zufrieden sein. Bitte gehen Sie doch!
Olga: Nein!
Präsidentin: Es ist alles super. Wollt ihr vielleicht ein Bonbon haben?
Helga: Das Bonbon nehme ich (greift zu).
Sekretärin: Und bitte gehen Sie jetzt. Suchen Sie sich doch einen anderen Arzt!
Dr. Schubert: Ich finde es unfair, die machen gar nichts und verdienen genau das Gleiche. Wir sind richtig professionell und die nicht.
Präsidentin: Ich finde, es ist alles fair. Unser Plan ist einfach perfekt. Also ich weiß jetzt, was Ihr Problem ist, vielen Dank für Ihr Erscheinen. Ich gehe jetzt!
Sekretärin: Ich komme mit.
Die beiden verlassen den Raum über den Hinterausgang. Die Putzfrauen schauen sich verdutzt an, werfen der Ärztin noch ein paar böse Blicke zu und verlassen unverrichteter Dinge den Raum.