Die Zukunft ist rot

Zeitreise-Bericht einer 11. und 12. Klasse des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums in Zwickau vom 16. bis 17. September 2019

Wir schreiben das Jahr 2040

Wir befinden uns in einer gesellschaftlichen Phase des Umbruchs, wenn nicht gar der Revolte. Rechte Parteien haben es seit den 2020er Jahren in die Regierungen zahlreicher EU-Länder geschafft und von diesem Zeitpunkt an konsequent auf eine Politik der starken Nationalstaaten gesetzt. Dies hatte zur Folge, dass Europa im globalen Wettbewerb auf der Strecke blieb. Eine Rezession auf gesamteuropäischer Ebene wurde durch fehlende Investitionen und abgewanderte Großkonzerne nach China oder USA verstärkt.

Diese Entwicklung hatte massive Konsequenzen für die Bürger der EU, insbesondere auch Deutschlands, die ehemals stark von einer starken EU profitierten. Der Lebensstandard sank seitdem kontinuierlich. Zusätzliche Unzufriedenheit resultierte aus der beschleunigten Digitalisierung, infolge derer viele Tätigkeiten vor allem auch im Dienstleistungsbereich, wie z.B. Pflege und Gesundheitswesen, durch Roboter übernommen wurden. Dem flächendeckenden Verlust von Arbeitsplätzen konnten die Vertreter der Politik wiederum nichts entgegensetzen. Weder durch die Einführung eines innovativen Sozialsystems, noch durch gezielte Förderung von Umschulungen.

Die regierenden Parteien haben ihr Vertrauen verspielt, weil sie sich aus der Verantwortung nehmen und sich mit abstrusen Verschwörungstheorien gänzlich unglaubwürdig machen. Ein Übriges tun die zahllosen Korruptionsskandale, in die führende Politiker verwickelt sind. Es kommt zu europaweiten Demonstrationen, Streiks und Versammlungen, die in gewaltsame Auseinandersetzungen zu eskalieren drohen. Extreme linke Parteien (z.B. „Lenin Returns“) gewinnen an Zulauf, ebenso radikalisieren sich die rechtspopulistischen Strömungen. Europa und Deutschland sind gespaltener denn je, die Zukunft ab dem Jahre 2040 verheißt nichts Gutes.



Eine Szene, die sich im Jahre 2040 zugetragen hat…

1. Akt: In der Firma „ROB“ am Band

 Handelnde Personen:

  • Jason – der Meister  
  • Michel – der Junggeselle  
  • Roboter  
  • Haruto – Corporate Executive
    des japanischen Konzerns „ROB“  

In einer Autofabrik verrichten Roboter die Arbeit, aber die Kontrolle liegt immer noch bei einigen wenigen Menschen. Doch die sind von ihrer neuen Aufgabe nicht wirklich überzeugt. Meister Jason kommt herein.

Meister Jason (stöhnt): Mensch, Junge, die Arbeitswelt ist auch nicht mehr das, was sie mal war!

Michel (arbeitet): Ja.

Meister Jason: Seit Jahren bilde ich Dich aus, hab Dich übernommen und jetzt machen wir hier nur noch diese Drecksarbeit! So ein Scheiß!

Michel: Ja, echt Scheiße!

Meister Jason (fuchtelt wütend in der Luft): Ich wette, in der Politik sind schon ganz viele dieser humanoiden Roboter am Werk. Die Japaner steuern das alles!

Michel: Deswegen verdienen wir auch nichts!

Meister Jason: Das wir hier jetzt schon fast als Sklaven behandelt werden, kann ja wohl echt nicht wahr sein. Vor 20 Jahren noch führend in der Autoindustrie und dann das mit dem Toyota und den fliegenden Autos!

Michel (erstaunt): Ach, da war Deutschland also noch eine richtige Weltmacht im Autohandel?

Meister Jason: Na sicher! Die deutschen Autos hatten mal einen tadellosen Ruf. Aber Michel, das ist ja nicht alles. Das Klima geht auch den Bach runter! Nichts wächst mehr im Garten. Selbst die Zugvögel bleiben schon da.

Michel (nickt): Recht haste…

Meister Jason: Und seit Toyota diese fliegenden Autos erfunden hat, gucken wir hier eh in die Röhre!

Michel: Stimmt, wir sind schon echt rückständig.

Meister Jason: Das kannste aber laut sagen!

Roboter: Fehler! Fehler! Fehler!

Haruto (mit gebrochenem Deutsch, sichtlich besorgt): Wieso nicht arbeiten? Bitte weiterarbeiten!


2. Akt: Im Bundeskanzleramt in Berlin

 Handelnde Personen:

  • Edgar Merkel – Bundeskanzler  
  • Sarah Trittin – Bundesumweltministerin  
  • Michel Scholz – Finanzminister  
  • Julia Ackermann – Wirtschaftsministerin  
  • Niklas Meier – Bundesinnenminister  

Der Bundeskanzler hat die wichtigsten Minister zu sich ins Bundeskanzleramt gebeten. Die Stimmung ist getrübt, die Koalition kurz vor dem Zerbrechen.

Edgar Merkel: Meine Damen und Herren, mehr oder weniger herzlich willkommen zur zweiten Krisensitzung 2040 hier im Bundeskanzleramt. Auf der Agenda stehen heute einige Punkte, die wir abarbeiten müssen. Wir benötigen dringend Konzepte und Lösungen! Stellen Sie mir am besten Ihre Konzepte mal vor!

Sarah Trittin: Für uns ist die Einhaltung der Umweltziele ganz wichtig! Liebe Kollegen, wir befinden uns in einer unaufhaltbaren Krise. Seit 10 Jahren wachsen unsere Co2-Emissionen stetig. Wir haben den Braunkohleausstieg immer noch nicht geschafft und unsere Energieversorgung ist weiterhin total abhängig von konventionellen Energien! Die Auswirkungen werden auch bald für uns spürbar sein! Wir müssen dringend den Ausbau vorantreiben!

Michel Scholz (schüttelt den Kopf): Und mit welchen Mitteln? Unser Staatshaushalt ist mittlerweile auf das Existenzminium gesunken. Der Börsencrash ist zudem eine schwere Belastung. Sehen Sie das nicht? Für Umweltschutz stehen bereits 20 Prozent des Haushalts zur Verfügung. Das ist zu viel. Und was ist mit dem Schuldenberg? Oh Gott, oh Gott…

Edgar Merkel: Beruhigen Sie sich doch erstmal. Wir müssen einen kühlen Kopf bewahren. Wir sollten zwar schnell Lösungen finden, aber dennoch behutsam vorgehen.

Julia Ackermann: Apropos „behutsam“. Die Reform zur Einführung der Reichensteuer hat genau das Gegenteil dessen bewirkt, was wir uns eigentlich erhofft hatten. Die Reichen wandern aus und unsere Einnahmen sinken stetig.

Niklas Meier: Auch der Gesellschaft droht eine Katastrophe – die Arbeiter formieren sich und auch die Wohlhabenden kritisieren uns seit der Reform. Wenn wir nicht bald überzeugende Lösungen finden, droht uns sogar noch ein Generalstreik!

Edgar Merkel: So schlimm? Um Gottes Willen!


3. Akt: Auf einer Protestkundgebung

 Handelnde Personen:

  • Jason Wagenknecht – selbsternannter Revolutionär  
  • Edgar Meier – Demonstrant  
  • Michel Schulz – Demonstrant  

Auf dem Alexanderplatz in Berlin steht auf einem umgedrehten Kübel ein Mann mit einer roten Fahne. Hunderte von Menschen umringen ihn, hören ihm aufmerksam zu und applaudieren begeistert.

Jason Engels (mit lauter Stimme und in die Höhe gereckter Faust):

Unsere Wirtschaft ist tot,

da durch mangelnde Investitionen der Untergang Europas droht.

An Klima, Technologie und Ressourcenmangel liegt unsere Not.

Drum brauchen wir ein einig Europa und ein Ausbeutungsverbot.

Der gelbe Mann ist ein humanoider Idiot.

Ich sehe nur eine Farbe und die ist rot!

Drum folgt mit Freude,

schöpft Kraft aus der Masse heute

und stürzt dieses System,

denn der Sozialismus wird noch über 1000 Jahre bestehen!

Edgar Meier: Du Michel, das klingt ja fast wie vor 120 Jahren der Liebknecht. Wenn ich ganz ehrlich bin: Für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Krise mach ich schon unsere Politik verantwortlich, aber den Sozialismus direkt? Nee!

Michel: Der Wagenknecht dreht schon ein bisschen frei. Denn eines muss man der aktuellen Politik schon lassen: Wir haben zumindest alle ein halbwegs ähnliches Wohlstandsniveau. Auch wenn unsere Zukunft leider ziemlich unsicher ist…

Die beiden verlassen die Kundgebung.