Zeitreise-Bericht einer 10. Klasse des Beruflichen Schulzentrums Delitzsch vom 4. bis 5. Juli 2019
Wir schreiben das Jahr 2040
Überall hängen Wahlplakate für die AfE, sie werben mit dem Slogan „Eine künstliche Intelligenz pro Haushalt reicht mir nicht“. Die Europäische Union hat sich mittlerweile immer weiter in Richtung Bundesstaat entwickelt und so hat sich eine „Alternative für Europa“ als Gegenentwurf zur alten AfD entwickelt. Die AfE definiert sich fast ausschließlich über die Chancen der Digitalisierung und Robotisierung und schafft es damit, in ganz Europa zu punkten.
Die Menschen halten sich häufig und gerne auf der Straße auf und sehen gepflegt und ordentlich aus. Und doch lassen sich Unterschiede erkennen: Die sogenannten „Lowhabitants“ sind nicht etwa mittellos, sondern zeigen sich einfach nicht so prunkvoll wie die „Highhabitants“. Zudem müssen die „Lows“ noch – vor allem im Dienstleistungsbereich – arbeiten, während die „Highs“ dies allenfalls als Hobby betreiben.
Selbst im Straßenverkehr sieht man, wer zu welcher Schicht gehört: Die Hyperloops sind schnell und schick, doch nur wenige „Lows“ gönnen sich den Luxus und fahren lieber mit der Bahn. Doch unzufrieden sind auch die „Lows“ nicht, denn das Gerücht hält sich hartnäckig, dass selbst die Preise für die „Hypes“ im kommenden Jahr drastisch sinken sollen.
Eine Szene, die sich im Jahre 2040 zugetragen hat…
1. Akt: Auf dem Bahnhof
Vier Freundinnen treffen sich am Berliner Hauptbahnhof und wollen zum Feiern mit dem Hyperloop nach Rom fahren, um am Abend Party zu machen. Sie begrüßen sich mit einer seltsamen Handbewegung: Der ausgestreckte Arm führt zur rechten Wange des Anderen, den dieser aber nur sanft berührt. Obwohl sie Deutsche sind, unterhalten sie sich auf Englisch.
Allysa: Where do we go tonight? Maybe to Paris?
Josie: Again? Lets see how they party in Rome. What do you think?
Rosalie: Alright, I’m in! (Allysa und Alina nicken)
Josie: Fine! Alina, you seem to be quiet tonight.
Allysa: Alina won’t speak tonight. She is one of the so called Youtube silent group. You don’t speak for one week. Haven’t you heard of it?
Josie: Of course I did! I took part in it last week. Pretty cool but I am glad I am allowed to speak now (sie grinst die anderen an).
Sie gehen zur Hyperloop-Station, wo sie von Sascha, einem Hyperloop-Schaffner, begrüßt werden.
Sascha: Hello girls! May I help you?
Josie: We wanna go to Rome, is this the right Hype?
Sascha: Sure, the hype is leaving in 3 minutes. Please come in and take seats. (die vier Mädchen setzen sich)
Josie: Once we are in Rome you might show us the best places to party!
Sascha: Please be quiet and listen to the safety instructions.
Allysa: (flüsternd) Boring, what a party pooper. (kichert)
Sascha: Alcohol is strictly prohibited in the hyperloop, please dispose all your bottles in this plastic bag.
Josie: Come on! (mit einem ironischen Lächeln) The vodka was quite expensive and we have no money left (die anderen kichern, werfen aber ihre Vodkaflaschen in die Tüte).
Rosalie: We might be forced to woooork like the lowhabitants do. Oh my gosh! (wieder kichern die anderen Mädchen)
Sascha: (ernst) Is anybody pregnant?
Rosalie: I’m afraid none of us is pregnant (die anderen kichern).
Sascha: Alright, girls, have a pleasant hype!
Die Mädchen drehen die Musik auf, die Türen schließen sich und der Hype schießt davon.
2. Akt: Am Frühstückstisch
Am Frühstückstisch sitzen Maria (Mutter), Leo (Vater), Boka (Tochter) und Eberhard (Opa). Im Hintergrund steht ein Roboter.
Maria: Alexa, bring mir Rührei.
Alexa: Wir haben keine Eier mehr.
Maria: Oh man, hat Alexa den Einkauf vergessen! Wir müssen uns dringend ein neues Modell kaufen! (genervt) Alexa, dann Bratkartoffeln.
Alexa: Gerne!
Boka: Heute haben wir im Unterricht das Thema politische Parteien behandelt. Früher gab es ja noch die CDU, die Linke, die AfD und die Grünen, naja und ganz früher auch noch die SPD. Was ist mit denen passiert?
Leo: Na, Eberhard, da kannst Du wohl am besten berichten (zwinkert Eberhard zu).
Eberhard: Meine liebe Boka, also die CDU und die Grünen sind weiterhin im Parlament, aber eigentlich musst Du wissen, wer die AfE ist. Denn die alten Parteien wehrten sich, Anfang der 2020er Jahre die Digitalisierung und Robotisierung voranzubringen. Und die AfE hat dadurch eine Wahl nach der anderen gewonnen.
Boka: Hmm.
Leo: Vati, Du musst das Boka doch richtig erklären! Also Boka, die alten Parteien waren skeptisch, immer mehr Arbeit durch Roboter zu ersetzen und wichen dem sozialen Protest. Als dann Macron den Brexit für seine Europapläne nutzte und die EU immer mehr föderale Züge annahm, spaltete sich die Vorgängerpartei der AfE – die AfD:
Der nationalistische Flügel blieb in der Alternative für Deutschland und verlor bald an Boden, da ihr die Themen ausgingen; die Alternative für Europa war zwar gegen den Euro – das ursprüngliche Thema der AfD – aber begrüßte die europäische Einigung und witterte in der Digitalisierungseuphorie ihre Chance.
In den ostdeutschen Bundesländern gewann sie mehr und mehr Kommunal- und bald auch mehrere Landtagswahlen und setzte mit Investitionen in die Forschung und Technik – vor allem Robotisierung und Künstliche Intelligenz – sichtbare Signale. Sie erhielt die Unterstützung vieler reicher Unternehmer, die darin die einzige Überlebenschance Deutschlands und der EU auf globaler Ebene sahen. Und so wurde sie vor zwei Jahren nicht nur stärkste Kraft in Deutschland, sondern auch in einigen europäischen Staaten. Verstehst Du nun, meine Kleine?
Boka: Ja, aber für Dich bin ich immer noch Boka. Pff, Kleine, bin größer als Du!
Maria: Leo, immer diese Schönmalerei! Mit keinem Wort erwähnst Du, dass erst durch die AfE die Unterschiede zwischen Arm und Reich enorm wurden. Tante Erika sitzt auf ihrem Geld rum und macht nichts. Und jeder, der sich für hip hält, spricht auf der Straße Englisch. Unglaublich!
Leo: Du alte Kommunistin (lacht)! Aber immerhin schickt sie uns regelmäßig Geld, das willst Du bestimmt nicht missen, oder?
Boka: (verdreht die Augen und richtet sich an Eberhard) Jetzt streiten die sich schon wieder! Ich gehe dann mal zur Party.
Boka geht genervt aus der Küche, während in der Küche die Diskussion immer lauter wird.