Zeitreise-Bericht einer 10. Klasse des Beruflichen Schulzentrums Delitzsch vom 27. bis 28. Juni 2019
Wir schreiben das Jahr 2040
An den Häuserwänden und holographischen Litfaßsäulen in Delitzsch sieht man Werbung für die führende Partei „Die Bunten“ – entspannte, langhaarige Zeitgenossen mit selbstgedrehten „Zigaretten“. Als Logo prangt im Hintergrund ein kleiner Spatz auf einer bunten Flagge. Tankstellen verkaufen nun Wasserstoff als Antriebsmittel und es gibt sogar Preisnachlässe für Schüler, Azubis und Studenten. Delitzsch ist von Hochhäusern überseht und überall fliegen Autos.
In der Schule arbeiten die Schüler an hochleistungsfähigen Tablets, außerdem hat jeder Lehrer einen Roboterassistenten, der ihn unterstützt. Die soziale Akzeptanz untereinander und insbesondere die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau sind massiv gestiegen. Die Digitalisierung hat das Leben in den vergangenen Jahren deutlich erleichtert und den Wohlstand für alle gesteigert. Politiker diskutieren mit den Bürgern auf Augenhöhe, man hört sich zu und nimmt sich ernst.
Und doch wächst eine gewisse Politikverdrossenheit, denn die Menschen sind so zufrieden, dass sie sich immer weniger für Politik interessieren. Manche machen für diesen Trend auch die Legalisierung und Verbreitung von Drogen verantwortlich.
Eine Szene, die sich im Jahr 2040 abgespielt hat…
1. Akt: In der Schule
Die beiden Schwestern Patricia und Cindy sind durch ein misslungenes Physik-Experiment aus dem Jahr 2019 in das Jahr 2040 geschleudert worden. Aufgrund der Schulpflicht werden sie aufgefordert, in den Unterricht zu gehen. Dort erwartet sie die eine oder andere Überraschung…
Lehrer: Hallo! Wir haben zwei neue Schülerinnen in der Klasse. Cindy und Patricia. Und mein Name ist Herr Müller. (ein vielstimmiges „Hallo!“ ertönt)
Patricia: Was ist das für ein Gerät neben Ihnen?
Lehrer: Das ist unser Assistentenroboter Schoolbot 5.0. Ein Helfer für Lehrer. Stell Dich doch mal vor!
Bot: (in blechernder Stimme) Hallo! Ich bin der Schoolbot 5.0. Ich schreibe an der elektronischen Tafel, was die Lehrer sagen.
Cindy: Wow! Das ist ja toll. Was kannst Du noch?
Bot: Ich kann Euch neben dem Lehrer helfen, Aufgaben zu verstehen und Fragen zu beantworten.
Patricia: Und wieso gibt es so was, wir haben doch dafür Lehrer! Und wann wurde das eigentlich eingeführt?
Lehrer: Naja, um mir zu helfen. Ist doch klar! Ich kann doch nicht immer alles wissen und so muss ich mich nicht ganz so aufwendig auf den Unterricht vorbereiten und habe mehr Zeit für meine Familie. Und die Bots gibt es erst seit diesem Jahr, allerdings ging erst dieses Modell auf den freien Markt, denn er muss ja einwandfrei funktionieren. Wir sind übrigens eine der ersten Schulen, in denen sie getestet werden.
Patricia und Cindy nicken anerkennend, nehmen ihre Sachen und gehen nach Hause.
2. Akt: Nachrichten im Hologramm-Fernsehen.
Zum Glück passt der Schlüssel immer noch und so gehen Patricia und Cindy in ihre alte Wohnung und schalten den Fernseher an – doch dieser geht nicht „an“, sondern projiziert in der Mitte des Raumes ein Hologramm-Bild. Die beiden springen erschrocken zur Seite und schauen gebannt auf das Bild. Es erklingt die bekannte Melodie der Tagesschau…
Moderatorin: Hallo und herzlich willkommen bei der Tagesschau. Heute mit Anna Profanna. Ich begrüße Sie zur Sondersendung zum derzeit vieldiskutierten Ausarten der „Bunten Partys“ im letzten Jahr. Zu Gast sind zwei Partygänger – Mathieu D. und Franceska A. – sowie die Parteivorsitzende der „Bunten“, Beate Granate. Herzlich willkommen! (Applaus im Hintergrund, sie wendet sich den beiden Jugendlichen zu) Wie findet Ihr die neue Ausweis-Funktion im Bürgerchip, die in Eure Arme implantiert wurden?
Mathieu: Naja, so neu sind die Ausweise ja nun auch wieder nicht. Sie sind ja schon vor über einer Woche erschienen.
Franceska: Ach Mathieu! Frau Profanna, im Ernst – die sind schon cool! Generell sind die Chips echt praktisch, denn so kann man nichts verlieren, keiner kann was klauen, egal wie man gerade drauf ist. (grinst vielsagend in die Kamera) Und wenn man mal medizinische Hilfe braucht, erhält der Arzt alle Informationen, die er braucht. Wie haben unsere Eltern eigentlich ohne die Chips ausgelassen Party machen können? (schaut nachdenklich ihren Bruder an)
Moderatorin: Frau Granate? Wie stehen Sie zu den neuen Ausweisen?
Beate: Na, ich finde sie praktisch, so kann man sie nicht vergessen.
Moderatorin: Und was halten Sie von der neuen Partydroge Percy?
Beate: Ich kann nur sagen, dass es Körper und Geist schadet. Ich bin für den altmodischen und legalen Konsum von Gras.
Moderatorin: Nehmt ihr beiden diese Droge?
Franceska: Naja, ab und zu auf Partys.
Mathieu: Nein, ich bin nicht so einer. Ich rauche nur Gras.
Moderatorin: Danke für dieses Interview!
Patricia und Cindy schalten den Fernseher aus und schauen sich verwundert an. Sie beschließen, sich im Internet auf YouTube umzusehen.
3. Akt: Youtube-Channel „Hallo Zukunft“
Sie finden zwar nicht ihre alten „Channels“, klicken aber dann auf den vielversprechenden Titel „Hallo Zukunft“.
Sprecher 1: Hallo Zukunft! Willkommen bei unserem neuen Video. Heute sprechen wir über Gleichberechtigung und das Klima.
Sprecher 2: Die führende Partei „Die Bunten“ haben Demokratie und Gleichberechtigung gestärkt. Ab jetzt sollen Mann und Frau dasselbe verdienen und auch bei Ausschreibungen immer gleich behandelt werden. Daumen hoch!
Sprecher 1: Und nun zum Klima. Wie Ihr wisst, stieg die Temperatur vor ein paar Jahren drastisch an. Aber dank neuer Technologien ist es uns geglückt, eine Naturkatastrophe nach der anderen zu verhindern: Gletscher können wieder „angebaut“, kleinere Inseln durch unterirdische Hebeverfahren vor der Überschwemmung geschützt und Ernteausfälle infolge Dürre durch spezielle künstliche Bewässerung mit entsalztem Meerwasser verhindert werden. Lässig!
Sprecher 2: Es geht in die richtige Richtung. Mit unserem Blick in die Zukunft bist Du auf diese bestens vorbereitet! Schaltet beim nächsten Video wieder ein. Like! Abo! Glocke!
Die beiden Schwestern lassen sich ins Sofa fallen und diskutieren, ob sie sich über die überraschende Zeitreise freuen oder ärgern sollten…